Entlastung der Kommunen bei der Flüchtlingshilfe

Die Kommunen benötigen dringend finanzielle Mittel, um die Kosten für die Flüchtlingshilfe tragen zu können.

Rede der SPD-Landtagsabgeordneten Ellen Stock zur Entlastung der Kommunen bei der Flüchtlingshilfe auf Youtube

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Ellen Stock (SPD) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen! Das Wichtigste vorweg: Wir befinden uns hier in Nordrhein-Westfalen. Das sollten wir eigentlich alle wissen. Aber es kommt ja leider häufiger vor, dass die antragstellende Fraktion diese Tatsache vergisst oder schlicht außer Acht lässt.

Bei dem hier vorliegenden Antrag ist es besonders extrem. Die meisten gestellten Forderungen beziehen sich auf die Bundespolitik und sind damit völlig deplatziert. Außerdem paraphrasiert der Antrag die ewig gleichen Argumente, die diese Partei hier und im Bundestag ständig wiederholt. Ein Sammelsurium aus Zitaten teilweise unseriöser Quellen soll den Eindruck von großer Gefahr erwecken, und zwar einer Gefahr durch – wie es im Antrag so unschön wie polemisch heißt – unkontrollierte Migration.

Dieses Argument kennen wir schon. Und die hier zitierten Zeugen aus der kommunalen Familie oder aus anderen Zusammenhängen sind wahrscheinlich nicht persönlich gefragt worden, ob sie als Stichwortgeber für diesen Antrag herhalten wollen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich aber noch ein paar Worte zur Sache sagen: Wir wissen alle, dass die Emotionen vor dem Bund-Länder-Treffen hochkochen. Die Länder zeigen mit dem Finger auf den Bund, die Kommunen ächzen und fordern mehr Unterstützung – übrigens völlig zu Recht. Alle versuchen vorab, Sympathien für ihren Standpunkt zu gewinnen. Ich bin mir sicher: Die Beteiligten werden sich in der kommenden Woche sachlich austauschen und wahrscheinlich Lösungen finden.

Aber die wichtige Frage an diesem Ort ist doch: Was können wir, was kann Nordrhein-Westfalen zur Entlastung der Kommunen beitragen? Es gibt vieles, was abseits des Bund-Länder-Treffens längst hätte passieren können, passieren müssen. Dass die Landesregierung ständig nach Berlin zeigt, hilft unseren Städten und Gemeinden nämlich nicht weiter.

Es könnte ihnen aber beispielsweise helfen, wenn die Landesregierung die eigenen Unterbringungsplätze ausbauen würde. Derzeit gibt es nicht einmal 30.000 Plätze in den Landeseinrichtungen – und das, obwohl bereits im vergangenen Jahr viele Geflüchtete Schutz suchten. Noch im Jahr 2016 hatten wir über 85.000 Plätze in den Landeseinrichtungen. Hier muss NRW wirklich etwas tun. Schwarz-Grün schafft es derzeit nicht, das eigene Ziel von 34.500 Plätzen zu erreichen. Die Kommunen fordern übrigens doppelt so viel.

Ein weiterer Punkt sind die FlüAG-Pauschalen: Die aktuellen Pauschalen basieren auf völlig veralteten Zahlen von 2017. Trotz stark steigender Baukosten, Mieten und vieler weiterer Posten sind die Berechnungsgrundlagen bisher nicht aktualisiert worden. So darf das nicht weitergehen. Was auch nicht weitergehen darf, ist Folgendes: Herr Wüst ruft ständig nach Berlin, aber er hält das Geld aus dem Bund zurück und gibt es nicht in voller Höhe an die Kommunen weiter.

Damit ist er sogar in den Debatten des Deutschen Bundestages schon zu zweifelhaftem Ruhm gekommen, indem Nordrhein-Westfalen als schlechtes Beispiel genannt wurde.

Aber die Flüchtlingspolitik der AfD ist keine Lösung. Wir sind ausdrücklich der Meinung, dass die Kommunen mehr Unterstützung brauchen. Die Grenzen zu verbarrikadieren, ist keine Lösung. Wir wollen denjenigen Menschen, die es brauchen, die vor Krieg flüchten, eine menschenwürdige, sichere Zukunft bieten, und das wollen die Kommunen ebenfalls. Dabei lässt die Landesregierung die Kommunen im Stich. Das muss sich ändern.

Den vorliegenden Antrag lehnen wir ab. Er gehört nicht hierhin. – Vielen Dank.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Vielen Dank, Frau Kollegin Stock. – Es liegt eine Zwischenfrage von Herrn Panske vor. Lassen Sie die Frage zu?

Ellen Stock (SPD): Ja.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Herr Panske, Sie haben das Wort.

Dietmar Panske (CDU): Danke, Frau Präsidentin, und danke, Frau Kollegin, dass Sie die Frage zulassen. Sie haben in Ihrer Rede soeben gesagt, NRW würde Geld, das es vom Bund erhält, nicht an die Kommunen weiterleiten. Wenn ich die Zahlen richtig in Erinnerung habe, haben wir als Land Nordrhein-Westfalen bisher 3,7 Milliarden Euro für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Davon haben die Kommunen 1,9 Milliarden Euro bekommen. Der Anteil des Bundes beträgt 600.000 Euro. Jetzt möchte ich von Ihnen wissen: Welche Mittel vom Bund leitet das Land NRW in welcher Höhe nicht an die Kommunen weiter?

Ellen Stock (SPD): Vielen Dank für die Frage. – Sehen Sie sich die Vorlage 18/618 vom 19.12.2022 an. Da hat Ihr eigener Finanzminister genau das geschrieben, was ich gerade beschrieben habe. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)