Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Erschließungsbeiträge haben im Gegensatz zu Straßenausbaugebühren durchaus ihre Berechtigung. Wenn Sie ein Haus in einem Neubaugebiet bauen wollen, dann machen Sie vorher eine Kalkulation. Darin sind allerhand Posten enthalten, ganz sicher unter anderem auch die Kosten für die Erschließung des Baugrundstücks – zahlbar an die Kommunen. Sie planen das ein und wissen: Es kommt auf Sie zu. Das hat so absolut seine Richtigkeit, denn schließlich möchten Sie eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur rund um ihr Haus nutzen. Die Anlieger tragen rund 90 % der Erschließungskosten.
Wenn Sie aber ein Haus mit einem Grundstück kaufen, das zum Beispiel 1970 gebaut wurde, und es für Ihre Familie aufwendig sanieren und modernisieren, dann haben Sie mit ziemlich hoher Sicherheit in Ihrer Kalkulation keine Erschließungskosten eingeplant. Warum auch? – Die Wohnumgebungslage ist lange gewachsen und ausgiebig genutzt. Dennoch kann es Ihnen passieren, dass die Kommune für Ihr Grundstück plötzlich hohe Erschließungskosten verlangt. Dann stehen Sie womöglich finanziell vor dem Abgrund.
Immer wieder kommt es vor, dass Kommunen Jahrzehnte nach der eigentlichen Erschließung noch Beiträge verlangen. Genau hier setzt unser Antrag an. Denn in Nordrhein-Westfalen gibt es keine zeitliche Begrenzung für die Erhebung dieser Kosten, obwohl die Länder seit November 1994 die Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Erschließungsbeitragsrechts besitzen. So gelten die Regelungen des Baugesetzbuchs in Nordrhein-Westfalen weiterhin, und das Baugesetzbuch beinhaltet keine Verjährungsregeln.
Wir fordern deshalb das Land Nordrhein-Westfalen dazu auf, seine Gesetzgebungskompetenz zu nutzen und zeitnah eine Verjährungsregelung vorzulegen, nach der Erschließungsbeiträge nur noch innerhalb von höchstens 20 Jahren nach dem Eintritt der Vorteilslage erhoben werden dürfen.
Zudem fordern wir einen Ausschluss von Erschließungsbeiträgen für vorhandene Erschließungsanlagen, die für eine Beitragspflicht noch nicht entstanden sind – und zwar dann, wenn seit dem Beginn der erstmaligen technischen Herstellung der Erschließungsanlage mindestens 25 Jahre vergangen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Sachverständigen in der Anhörung war zu dem Thema klar, dass wir in Nordrhein-Westfalen dringend Rechtssicherheit auf diesem Gebiet benötigen. Denn selbst wenn es nach dem kommunalen Abgaberecht für die Erschließungsbeiträge eine Verjährung von vier Jahren gibt, so kommt diese häufig genug nicht zum Tragen, da die Voraussetzungen für die Festsetzung des Erschließungsbeitrages fehlen.
Auch das oft erwähnte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster von 2017, dass eine Frist von mehr als 30 Jahren gegen Treu und Glauben verstoße, wenn es die Vorteilslage durch technische Fertigstellung der Straße bereits verwirklicht hat, bietet keine Lösung.
Auch noch ausstehende Urteile anderer Instanzen sind in dieser Frage kein Grund zur Untätigkeit. Wir von der SPD-Fraktion sind der Ansicht, dass es durchaus eine Frage der Haltung ist, dieses Thema jetzt endlich aufzugreifen und es analog zu anderen Ländern auf Landesebene zu regeln.
Herr Dr. Nolten, Sie haben einiges zu unserem Antrag gesagt, aber ich habe bis jetzt von Ihnen nur Fragen und keine zupackenden Antworten gehört, was Sie jetzt tun wollen. Anders gesagt: Hier ist die Landesregierung gefordert, Ungerechtigkeiten und Missstände zu erkennen und das zu ändern. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.