Ein digitales Familienportal für Nordrhein-Westfalen: Bürokratie abbauen, Behördengänge reduzieren, Bürgerinnen und Bürger entlasten!

Auf den ersten Blick erscheint die Einführung eines digitalen Familienportals sehr verlockend. Auf den zweiten Blick ergeben sich indes viele Fragen zum Antrag der regierungstragenden Fraktionen. Wenn das Familienportal kommen soll, dann muss man es umfassend in allen Bereichen durchplanen und auch in den Kommunen die Voraussetzungen dafür schaffen. Sonst ist das nur eine hübsch aussehende Mogelpackung.

Ellen Stock über das digitale Familienportal in NRW auf Youtube

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auf den ersten Blick erscheint die Einführung eines digitalen Familienportals sehr verlockend. Das Onlinezugangsgesetz eröffnet uns Bürgerinnen und Bürgern völlig neue Perspektiven im Umgang mit Behördengängen.

So wäre es natürlich bei familienbezogenen Leistungen eine große Erleichterung, nicht für jeden Antrag stundenlang auf dem Amt sitzen zu müssen. Auf den zweiten Blick ergeben sich indes viele Fragen zum Antrag der regierungstragenden Fraktionen.

Wenn man solch ein Portal aufsetzt, dann muss man das von A bis Z durchdenken, planen und finanzieren. Das bedeutet konkret, dass es nicht nur bei A für die Bürgerinnen und Bürger nach außen hübsch aussieht und einfach zu bedienen ist, sondern es muss auch bei Z für die Bearbeitung, für die Verwaltung vor Ort in den Kommunen bzw. den Ämtern durchdacht sein.

Kurz gesagt: Es bringt gar nichts, wenn der Antrag einer Familie digital im Kreis oder Rathaus ankommt, nur um dort ausgedruckt und anschließend analog weiterbearbeitet zu werden. Wenn man also solch ein Portal aufsetzt, dann müssen auch die Schnittstellen bis in die Fachbereiche, bis zur Sachbearbeitung hin geklärt und eingerichtet sein. Die Kräfte in der Verwaltung müssen die Möglichkeit haben, einen Antrag digital zu bearbeiten, weiterzuleiten oder herauszuschicken.

Daran hapert es leider oft. Man hat ein Portal, das nach außen hin hübsch und höchstmodern, digital aussieht, aber dahinter geht es analog weiter. Daher müssen auch die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Kommunen auf dem Weg mitgenommen werden. Sie müssen gezielt in der neuen Arbeitsweise geschult werden und Kompetenzen im Bereich „digitales Arbeiten“ aufbauen. Denn die Digitalisierung der Kommunen und Ämter gelingt nicht im Landtag, indem man schöne Portale schafft, sondern vor Ort durch die Kräfte in den Kommunen, egal ob in Düsseldorf, in Bad Salzuflen oder in Köln.

Das hinzubekommen, wird die Königsdisziplin werden, vor allem wenn die Digitalisierung endlich erfolgreich in die Breite gehen soll. Wir benötigen in den Kommunen Schulungen, und die kosten Geld, genauso wie die Administration solcher Techniken. Größere Kommunen haben eigene Rechenzentren, kleinere müssen sich Partner wie ein kommunales Rechenzentrum suchen.

Bereits die Anhörung zum E-Government-Gesetz hat gezeigt, dass es bei der E-Government-Strategie der Landesregierung an Geld, Fortbildung der Beschäftigten und personeller Ausstattung hapert.

Es gibt in unserer digitalen Landschaft in Nordrhein-Westfalen schon viele Leuchttürme und Modellkommunen. Stets werden die dringenden Aufgaben des OZG zunächst auf kleinerem Terrain getestet. Das braucht Zeit und verlangsamt den Prozess.

Es wird höchste Zeit, die Digitalisierung in den Rathäusern mit viel mehr Unterstützung des Landes voranzubringen. Denn solange Klimaschutzbeauftragte mit viel Aufwand händisch Tabellen und Listen führen oder in Hochbauämtern vergilbte Pläne aus dem Kriechkeller hervorgekramt werden müssen, um auf dieser Grundlage beispielsweise eine energetische Sanierung eines städtischen Gebäudes zu planen, helfen schöne Portale nichts. Wir benötigen dringend eine Art Stärkungspakt für die Digitalisierung der Kommunen mit gesicherter Finanzierung des Landes.

Wenn das Familienportal kommen soll, dann muss man es umfassend in allen Bereichen durchplanen und auch in den Kommunen die Voraussetzungen dafür schaffen. Sonst ist das nur eine hübsch aussehende Mogelpackung.

Wir lehnen Ihren Antrag daher ab. Wir sind der Ansicht, dass hier dringend nachgebessert werden muss. – Vielen Dank.