Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
Neben den starken Auswirkungen auf unser Berufs- und Familienleben betrifft die Coronakrise auch noch andere Gebiete. So liegen derzeit auch viele ehrenamtliche Aktivitäten brach.
Herr Paul, nach Ihrer Rede frage ich mich aber ernsthaft, warum Sie gestern den Antrag für die Unterstützung der Schaustellervereine abgelehnt haben.
Das passt hier überhaupt nicht ins Bild. Denn für die über 115.000 gemeinnützigen Vereine und Organisationen in Nordrhein-Westfalen sind nicht nur die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer nicht mehr in gewohntem Maß verfügbar, sondern auch bereits geplante Aktivitäten mussten abgesagt oder konnten sogar gar nicht erst geplant werden. Das tut den Vereinen sehr weh. Die Vorbereitungen für Feste, Veranstaltungen oder sogar Märkte kosten Zeit und Geld. Das sind Einkunftsmöglichkeiten, die jetzt wegfallen.
In meinem Wahlkreis gibt es beispielsweise einen äußerst regen Schützenverein, der eine immense Rolle im kulturellen Leben dieser Region spielt. Jährlich im Juli findet das große Schützenfest statt. Das ist das Sommer-Highlight. Hierfür wird eine Menge an organisatorischem Aufwand betrieben, und es müssen weit im Vorfeld Verträge abgeschlossen werden mit dem Festwirt, dem Zeltbauer, der Partyband, Musikkapellen, einem DJ, dem Roten Kreuz, einem Sicherheitsdienst und vieles mehr.
Im Frühjahr veranstaltet der Schützenverein traditionell eine große Tanzparty, Anfang Mai einen Familientag, im Sommer noch ein Kinderschützenfest. Zum Ende des Jahres geht es weiter mit Kompaniefesten, Schießabenden sowie Mithilfe auf dem Weihnachtsmarkt.
Einige der Aktivitäten bringen natürlich auch Gewinn. Denn der Verein hat Fixkosten zu bestreiten, vom Training der Bogensportler und Sportschützen über die Pflege der Gebäude und des großen Schützenplatzes, Aktivitäten für Jugend- und Kindergruppen bis hin zu Seniorentreffen und zig anderen Veranstaltungen und Zusammenkünften. Das alles wird mit ehrenamtlichen Kräften auf die Beine gestellt, kostet aber Geld, das jetzt nicht mehr erwirtschaftet wird.
Ich bin mir sicher, dass es vielen anderen Schützen-, Heimat- und Karnevalsvereinen in Nordrhein-Westfalen sehr ähnlich ergeht, aber nicht nur diesen Vereinen.
Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen kommt deshalb zwar für die darin erwähnten Vereine genau zur richtigen Zeit. Leider vergessen CDU und FDP aber maßgeblich die vielen anderen Vereine, die ebenfalls zu unserem gesellschaftlichen Leben beitragen.
Auch sie haben Fixkosten zu bestreiten. Auch sie haben Veranstaltungen abzusagen, keine Möglichkeit, Einnahmen zu erwirtschaften. Ich denke da an Musik- und Gesangvereine, aber auch an die Tafeln oder an Kleingartenvereine, an die Jugendarbeit im Bereich der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks sowie der Katastrophenschutzverbände. Alle leiden unter den derzeitigen Einschränkungen.
Vermutlich sind wir uns aber doch alle in einem Punkt einig: Die ehrenamtliche Arbeit und das Vereinsleben in Nordrhein-Westfalen sind für das gesellschaftliche Leben und den sozialen Zusammenhalt unverzichtbar. Weil das so ist, ist der Antrag von CDU und FDP viel zu kurz gesprungen.
Diese Freiwilligen brauchen jetzt unsere Hilfe, damit sie die Krise überstehen können und ehrenamtliche Arbeit möglich bleibt, ohne auch noch zur Kostenfalle zu werden. Dazu wurde übrigens schon Anfang des Monats ein Änderungsantrag im Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegt.
Was die Vereine zudem dringend benötigen, sind klare Handlungslinien zum Umgang mit den Veranstaltungen, insbesondere in Bezug auf die Definition von Großveranstaltungen. Denn da fehlt den Ehrenamtlichen die Grundlage, um jetzt rechtssicher handeln zu können. Das hat die Landesregierung bisher versäumt.
Wir finden, eine Verengung auf die Heimat-, Traditions- und Brauchtumspflege wird den Gegebenheiten unseres Landes nicht gerecht. Deshalb enthalten wir uns bei dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen. Wir fordern in unserem Entschließungsantrag, auch die anderen Vereine zu berücksichtigen, und bitten dazu um Ihre Zustimmung.
Auch wir brauchen ein ganzheitliches Konzept zum Schutz vor Insolvenzen von gemeinnützigen Vereinen. Die Landesregierung ist hier aufgefordert, dies zu entwickeln, vorzulegen und die notwendigen Mittel in den Haushalt einzustellen. – Danke.