Chancen der Digitalisierung für Einbürgerungen nutzen!

Alles in allem halten wir generell, aus rein praktischer Sicht, ein Onlineportal für eine sehr gute Idee. Wir bezweifeln aber den Nutzen für die Steigerung der Einbürgerungsquote. Vielmehr sind wir der Ansicht, dass die finanziellen Mittel in anderen Maßnahmen effektiver eingesetzt werden können. Die Werbung der Landesregierung für eine Einbürgerung muss vielmehr auf politischer und emotionaler Ebene erfolgen. Dafür sollten Mittel aufgewendet werden.

Ellen Stock zur Digitalisierung von Einbürgerungsverfahren – Landtag NRW auf Youtube

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

Der Antrag zur Digitalisierung von Einbürgerungsverfahren liest sich im Prinzip sehr vielversprechend. Die Idee, ein Onlineserviceportal einzurichten, um den Einbürgerungsantrag zu erleichtern und die Verwaltung zu entlasten, finde ich ausgesprochen gut und richtig.

Diesen Schritt im Zuge der Digitalisierung der Landesverwaltung mitzuplanen, ist logisch und auch berechtigt. Die Vereinfachung der Verfahren ist zweckmäßig und pragmatisch. Ich gehe aber davon aus, dass die finanziellen Mittel dann hoffentlich auch aus dem Digitalisierungsbereich kommen und nicht bei den Integrationsmitteln angerechnet werden.

Denn – und jetzt kommt meine Kritik – als Integrationsinstrument nutzt das Onlineeinbürgerungsportal voraussichtlich nicht viel.

Das Ziel der Landesregierung, die Einbürgerungsquote zu erhöhen und allen, die hier dauerhaft gut integriert leben, auch staatsbürgerliche Rechte zu gewähren, unterstützen wir durchaus. Wir wissen aber, dass die Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft eine sehr emotionale Angelegenheit ist. Es ist offenkundig, dass es den Betroffenen häufig schwerfällt, die ursprüngliche Staatsbürgerschaft abzulegen. Aber es ist auch belegt: Einbürgerung fördert die Integration nachhaltig. Deshalb muss die Integrationspolitik intensiv für die Einbürgerung werben.

Doch gerade bei einer derart emotionalen Frage kann ein Onlineportal sicherlich keine große Hilfe leisten. Es ist äußerst fraglich, ob die vorherrschenden Hindernisse für eine Einbürgerung durch ein Onlineverfahren beseitigt werden können und es dadurch vermehrt zu Einbürgerungen kommt.

Ich habe mir einmal die Einbürgerungszahlen in Sachsen-Anhalt angesehen, wo bereits ein Einbürgerungsportal existiert. Da kann man ablesen, dass bestenfalls eine minimale, kaum bemerkenswerte Steigerung vorliegt. Der persönliche Beratungsbedarf liegt bei einer solch einschneidenden Entscheidung wie bei der Einbürgerung viel höher als bei anderen verwaltungstechnischen Fragen. Daher darf das Verfahren nicht auf einem rein onlinebasierten System beruhen.

Die Werbung der Landesregierung für eine Einbürgerung muss vielmehr auf politischer und emotionaler Ebene erfolgen. Dafür sollten Mittel aufgewendet werden. Dabei sollten die Regierungsfraktionen dringend noch einmal ihre Einstellung zur doppelten Staatsbürgerschaft überdenken. Wir plädieren nach wie vor für eine doppelte Staatsbürgerschaft, die sicherlich vielen die Entscheidung für eine Einbürgerung bei Beibehaltung der ursprünglichen Staatszugehörigkeit erleichtern würde.

Alles in allem halten wir generell, aus rein praktischer Sicht, ein Onlineportal für eine sehr gute Idee. Wir bezweifeln aber den Nutzen für die Steigerung der Einbürgerungsquote. Vielmehr sind wir der Ansicht, dass die finanziellen Mittel in anderen Maßnahmen effektiver eingesetzt werden können.

Insbesondere sollte die Landesregierung über sinnvollere politische Steuerungsmöglichkeiten zur Förderung von Einbürgerung nachdenken. Wir haben uns deshalb entschieden, uns bei diesem Antrag zu enthalten. – Herzlichen Dank