Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Auftrag der Politik ist es, die Welt menschlicher zu machen, nicht unmenschlicher. – Diese Worte stammen von Johannes Rau, dem ehemaligen Bundespräsidenten und langjährigen Ministerpräsidenten unseres Landes.
Dass wir als Politik den Auftrag haben, die Welt menschlicher zu machen, ist ein wunderbarer, nachvollziehbarer und wichtiger Anspruch, den ich mir bereits lange zu einem der Maßstäbe meiner Arbeit erkoren habe. Aber werden wir diesem Anspruch auch gerecht?
Das Thema, über das wir heute reden, zeigt, wie leicht es sein kann, hohe Ansprüche an die eigene Menschlichkeit zu vergessen. Wie menschlich oder, um den Begriff aus dem vorliegenden Antrag zu nehmen, wie menschenwürdig ist es, Geflüchtete immer länger und länger ohne Perspektive und ohne eine Minimum an Teilhabemöglichkeiten in sogenannten Einrichtungen unterzubringen – Orte, an denen viele Menschen gemeinsam auf beengtem Raum leben, vorübergehend und ohne jegliche Ähnlichkeit mit einem Zuhause?
Wie menschlich ist, Kindern kein Zuhause zu ermöglichen, ihnen auf unbestimmte Zeit die Sicherheit, den Schutz und die Behaglichkeit eines Elternhauses vorzuenthalten? Wir müssen auch annehmen, dass diese Kinder, je nachdem, woher sie kommen, bereits unglaublich viel Schreckliches erlebt haben. Kinder sind die verletzlichsten, die unschuldigsten Opfer von Flucht und Krieg. Sie leiden am stärksten unter Gewalt, Hunger, dem Fehlen von vertrauten Strukturen, Sicherheit und einem Zuhause. Vielleicht haben sie bereits Eltern, Geschwister oder Freunde verloren.
Wie menschenwürdig ist es, den Kindern teilweise über Jahre ihr Menschenrecht auf Bildung oder eine Lebensperspektive zu verweigern? Wir reden ja nicht von einem kurzen Aufenthalt unter beengten Bedingungen, der nach ein paar Wochen vorüber ist. Das wünscht man sich so, aber die Realität funktioniert anders. Das wissen wir aus dem Antrag und vielen weiteren Quellen.
Leider wissen wir auch, dass es mit der persönlichen Sicherheit in den Einrichtungen nicht immer zum Besten bestellt ist. Auch wird den Kindern und Jugendlichen kaum Raum zum Spielen und zum Lernen angeboten. Ein Ausschluss von der Regelschule widerspricht aber der UN-Kinderrechtskonvention, welche ein Recht auf Bildung vorsieht. Zudem ist es im Hinblick auf eine mögliche spätere Integration eine fatale Entwicklung.
Das Leben in sogenannten Zentren zementiert die Isolation und die Ausgrenzung vom anderen Leben außerhalb der Einrichtung. Das ist das Gegenteil von Integration.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, den vorliegenden Antrag der Grünen begrüßen wir generell sehr. Wir können den Forderungen in fast allen Bereichen zustimmen.
Richtig ist: Das Land muss Verantwortung übernehmen.
Es muss in finanzieller Hinsicht eine Entlastung der Kommunen sicherstellen. Die Landesregierung muss endlich ihr Versprechen einhalten und die Integrationspauschale des Bundes in voller Höhe an die Kommunen weiterleiten.
Richtig ist auch: Wer keine Bleibeperspektive hat, muss schnell in seine Heimat zurückgeführt werden. – Trotzdem oder gerade deswegen möchte ich vor allem an unsere Menschlichkeit appellieren. Kasernierung ist keine Lösung!
Wir stimmen der Überweisung zu und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.