Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Dieses Hohe Haus hat in der vergangenen Wahlperiode – genauer gesagt: von September bis Dezember 2015 – intensiv, ausgewogen und mit Bedacht über die Einführung des Abschiebehaftvollzugsgesetzes diskutiert. Einbezogen in diesen intensiven Dialog wurden die kommunalen Spitzenverbände, die Ausländerbehörden und die Hilfsorganisationen. Damals war sich die FDP mit uns Sozialdemokraten darüber einig, dass eine Abschiebehaft immer nur die Ultima Ratio sein kann, das allerletzte Mittel, wenn gar nichts anderes mehr geht.
Ich erlaube mir, hier aus einer Plenarrede des damaligen Sprechers der FDP, Dirk Wedel, zu zitieren:
„Die FDP hält die aufgrund einer richterlichen Haftanordnung zur Sicherung der gerichtlich festgestellten Ausreisepflicht angeordnete Abschiebehaft an sich jedenfalls als Ultima Ratio – siehe § 62 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – für erforderlich. Anders als für die CDU, die sehr strenge Vollzugsregeln fordert, stehen für die FDP beispielsweise der Grundsatz der Einzelunterbringung sowie die vorgesehenen Beschäftigungsmöglichkeiten außer Frage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da kann ich nur fragen: Woher kommt der völlige Sinneswandel der Freien Demokraten, die hier auf einmal die strenge Law-and-Order-Linie ausgeben, die sie zuvor der CDU vorgeworfen haben? Wo sind die Bedenken geblieben, die es vorher noch gab?
Dazu kann ich Ihnen eine Antwort geben. In der UfA Büren lief es in der vergangenen Zeit wirklich nicht rund. Herr Minister Stamp musste mit allen Mitteln den Eindruck abwenden, er sei mit der Aufsicht über diese Einrichtung völlig überfordert. Denn im laufenden Jahr mehrten sich wiederholt die Eindrücke und Erkenntnisse, dass in der UfA die Lage eskaliert.
Ich selbst habe in mehreren Anfragen an die Landesregierung die Zustände und auch die Rechtmäßigkeit einiger Maßnahmen in Büren hinterfragt. In einer Antwort wurde mir konkret mitgeteilt, dass das derzeitige Abschiebehaftgesetz keine Sanktionsmaßnahmen vorsehe.
Trotzdem häufen sich Berichte über Unregelmäßigkeiten und Sanktionen. Nun bringt also die Landesregierung unter Federführung eines FDP-Ministers eine Gesetzesänderung ein, die viele dieser Zustände ändern oder auf den Boden von Gesetz und Recht stellen soll.
Einige der geplanten Änderungen finde ich durchaus nachvollziehbar: Der Ausbau der Einrichtung, die Erweiterung der Kapazität sowie mehr Personal sind mehr als notwendig.
Ob allerdings die nun anvisierte Mehrfachbelegung der Räume zielführend ist, sei einmal dahingestellt. Gerade der Grundsatz der Einzelunterbringung war der FDP noch in der vergangenen Legislaturperiode sehr wichtig.
Und ist die Übermittlung vollzugsrelevanter Informationen an die UfA, zum Beispiel, ob ein Untergebrachter als gefährlich oder gewalttätig einzuordnen ist, wirklich zielführend? Die Untergebrachten sind schließlich dort, um abgeschoben zu werden.
Eines dürfen wir bei aller Aufregung allerdings nicht aus dem Blick verlieren: Die Abschiebehaft ist keine Strafhaft. Abschiebehaft dient einzig der Sicherstellung der Rückführung und ist – das gilt auch heute noch – die Ultima Ratio. Sie soll sich deshalb in wesentlichen Elementen vom Strafvollzug unterscheiden.
Ob die innerhalb der Einrichtung weit reichenden Ordnungsmaßnahmen, die das neue Gesetz vorsieht, hilfreich und rechtmäßig sind, kann bezweifelt werden. Denn die Einschränkungen, die nun möglich gemacht werden sollen – sei es bei den Bewegungsoder den Besuchsmöglichkeiten, bei der Nutzung von Mobiltelefonen oder beim Surfen im Internet –, erinnern doch stark an die Disziplinarmaßnahmen, wie wir sie aus der Justizvollzugsanstalt kennen.
Die Einrichtungsleitung erhält ungeahnt weit reichende Befugnisse zur Bestrafung der Untergebrachten, die eben keine Häftlinge sind.
Ich halte also fest: In der UfA Büren sind der Landesregierung die Zügel hoffnungslos aus der Hand geglitten. Nun legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der einerseits die kritischen Zustände in der Einrichtung legitimieren soll und andererseits ein hilfloser Versuch ist, durch einen besseren Informationsfluss gefährliche Personen früher zu erkennen.
Auch wir wollen, dass in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige des Landes sowohl die Beschäftigten als auch die Untergebrachten menschenwürdige, sichere Verhältnisse vorfinden. Ob das vorliegende Gesetz ausreicht, um die Ziele zu erreichen, sei einmal dahingestellt.
Wir müssen im Fachausschuss prüfen, ob es nicht nur ein Notpflästerchen ist, um die Unfähigkeit der Landesregierung zu verdecken, und wir müssen prüfen, ob alle vorgesehenen Änderungen so überhaupt zulässig sind. Vor diesem Hintergrund wird die weitere Fachdiskussion erfolgen.
Ich bin mir sicher, dass wir eine Anhörung von Expertinnen und Experten zu diesem Gesetzentwurf beantragen werden.
Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.